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7. Interaktive Auswertung
Eines der Ziele der Auswertekette (Tracker, Fit) ist sicherlich, einen
automatischen Mechanismus zu schaffen, der ohne Handarbeit die Ereignisse
im interessanten Impulsbereich bestimmt. Da es aber praktisch unmöglich
ist, einen solchen Algorithmus 100% fehlerfrei zu programmieren, ist es
wünschenswert, die Ergebnisse überprüfen zu können.
Es verbietet sich wegen der großen Zahl, die verworfenen Ereignisse
systematisch zu untersuchen, aber die Ereignisse, die von dem Fitprogramm
als potentielle Kandidaten für die ( m-,e-
)-Konversion gefunden wurden, können manuell nachgeprüft werden.
Außerdem sollten einige von der Auswertekette verworfenen Ereignisse
überprüft werden, um so eine Möglichkeit zu haben, die Programme
zu testen. Mit einer Überprüfung ist hier nicht gemeint, daß
man alle Rechnungen des Programms nachrechnet, sondern z.B. prüft,
ob die gefundenen Hits zur Spur gehören, ob die verschiedenen Spurbereiche
richtig kombiniert wurden, ob der berechnete Fit zu den Hits paßt
u.ä. Einen Teil dieser Aufgaben konnte das bereits vorhandene Display
Programm (SED ) bereits erfüllen.
Bisher war es aber nicht möglich, den Fit innerhalb des SED ablaufen
zu lassen, bzw. sich das Ergebnis des Fits anzusehen. Ein weiterer wünschenswerter
Punkt war, gefundene Fehler bei der Spurrekonstruktion interaktiv im SED
zu korrigieren und dann neu fitten zu können. Für beide Zwecke
mußte eine neue Datenstruktur geschaffen werden. Diese sog. MARK-Felder
werden im Anhang genauer beschrieben.
Eine weitere Aufgabe der MARK-Felder ist es, die Einlese von Ereignissen
zu vereinheitlichen. Innerhalb des SED war es nötig, das gesamte Programm
auf diese Felder um zuschreiben, da die alten nicht die nötige Flexibilität
besaßen, um interaktiv die Zugehörigkeit von Hits zu Spurstücken
zu ändern. Da diese Flexibilität im TRACKFIT nicht gebraucht
wird, werden hier nur die internen TRACKFIT Felder aus den neuen gefüllt.
Das TRACKFIT existiert als Routinenpaket, das sich entweder mit einer Startroutine
(MAINFRAME) zu einem unabhängigen Programm linken läßt
oder mit dem SED zusammen zu einem gemeinsamen Programm. Durch die MARK-Felder
ist gewährleistet, daß einerseits ein Datenaustausch zwischen
den beiden Programmteilen SED und TRACKFIT funktioniert, und daß
andererseits bei Änderungen der externen Dateistrukturen nur eine
Einleseroutine angepaßt werden muß.
7.1 Benutzung des TRACKFIT innerhalb des SED
Bei der interaktiven Benutzung des TRACKFIT innerhalb des SED werden die
Ereignisse einzeln gefittet, im Gegensatz zum normalen (BATCH) Betrieb
des TRACKFIT, in dem viele Ereignisse automatisch abgearbeitet werden sollen.
Dazu wird im SED das gewünschte Ereignis geladen, eventuell bearbeitet
(s.u.) und dann der Fit aufgerufen. Da ein Ereignis mehrere Umläufe
enthalten kann, aber jeweils nur einer gefittet wird, muß die Nummer
des gewünschten Umlaufs (TRACK) als
Parameter übergeben werden. Das Ergebnis des Fits wird in Form der
wichtigsten Parameter (Gesamtimpuls, z-Impuls, ...) ausgegeben und der
Verlauf der Spur in die graphische Darstellung des Ereignisses eingezeichnet
(s. Abb 7.1). Außer den Daten des Ereignisses,
die über die MARK-Felder übergeben werden, braucht das TRACKFIT
noch einige Steuerdaten, z.B. ob die DC2-Hits mit in den Fit eingehen.
Die hierfür voreingestellten Werte lassen sich durch den Befehl 'FIT
-1', also den Fit der natürlich nicht existierenden Spur -1, ändern.
Nach dem Fit können z.B. Hits, die augenscheinlich zu weit von der
Spur entfernt sind, deselektiert werden oder zusätzliche Hits in die
Spur aufgenommen werden. Danach kann dann erneut gefittet werden.
7.2 Interaktive Benutzeroberfläche des SED
Die Hauptroutine zur interaktiven Nutzung des SED ist select_hit. Diese
ermöglicht die Auswahl eines Hits mit Hilfe der Maus und Änderung
der Zugehörigkeit zu Spurstücken (SEGMENT)
und TRACKs. Im RAW-Display ist es
möglich, die Zuordnung der Kathodenhits zu den Anodenhits zu ändern.
Außerdem gibt select_hit die wichtigen Informationen zu den selektierten
Hits aus. Diese Ausgabe kann auch benutzt werden, ohne den Status eines
Hits zu ändern. Mit der Routine input_turn können TRACKs aus
bestehenden Segmenten zusammengefügt werden. Mit diesen bei den Routinen
ist man so in der Lage, das gesamte Tracking per Hand zu ändern. Um
diese Möglichkeiten sinnvoll einzusetzen, war es auch nötig,
einen neuen Vergrößerungsmodus einzuführen (s. Abb.
7.2).
Abb. 7.1. Darstellung eines Events im SED. In dieser Darstellung sind die
im Fit benutzten Hits als Isochrone, die anderen nur durch ihre Isochronenmittelpunkte
eingezeichnet. Die dargestellte Spur ist das Ergebnis des Fits.
Zu den neuen interaktiven Routinen des SED gehören auch solche zur
Vermessung der Spur - im einfachsten Fall durch Ausgabe der Mausposition
in Kammerkoordinaten und des
Abstandes zwischen zwei solchen Punkten. Eine weitere Möglichkeit
ist die Anpassung eines Kreises durch mehrere, mindestens drei Punkte.
Von diesem Kreis werden Mittelpunkt und Radius ausgegeben und außerdem
der Transversalimpuls, der diesem als Spurkreisradius interpretierten Radius
entspricht.
Abb. 7.2. Ein mit der Funktion ZOOM vergrößerter Ausschnitt
des in Abb. 7.1 abgebildeten Events. Hier wurden
zusätzlich die Hits mit verschiedenen Symbolen gekennzeichnet, je
nach dem zu welchem TURN sie gehören. Alle Hits in diesem Ausschnitt
gehören sowohl zu TURN 1 als auch zu TURN 2.
Abb. 7.3. b-z-Diagramm des bereits in den beiden vorigen Abbildungen dargestellten
Events. Die eingezeichnete Spur ist die mit TRACKFIT angepaßte.
8. Zusammenfassung
Es wurde eine Erweiterung des Verfahrens zur exakten Impulsbestimmung im
SINDRUM II - Detektor vorgestellt. Aufgebaut wurde auf einer iterativen
Anpassung des Spurverlaufs im leicht inhomogenen Magnetfeld des Detektors.
Dieses Verfahren ist
im Programm TRACKFIT implementiert.
Das dazu nötige Spurmodell wurde um den Effekt des Energieverlustes
erweitert. Da mit gelang es, den systematischen Fehler der Anpassung weiter
auf 20 keV/c zu senken.
Da im Spurmodell nur ein mittlerer Energieverlust und keine Vielfachstreuung
berücksichtigt wird, wurde eine Methode vorgestellt, diese beiden
Effekte bei der Anpassung durch Verwendung einer Kovarianzmatrix zu berücksichtigen.
Zur Berechnung dieser Kovarianzmatrix aus den Spurparametern wurden in
dieser Arbeit Formeln entwickelt.
Mit diesem Verfahren erhält man einerseits eine richtige Hitgewichtung,
und andererseits kann durch Fehlerfortpflanzung aus dieser Kovarianzmatrix
der Hitfehler die Kovarianzmatrix der Spurparameter berechnet werden. Daraus
können dann zu den ausgegebenen Anpassungsergebnissen, z.B. Gesamtimpuls,
die korrekten statistischen Fehler angegeben werden. Dies wurde mit Simulationsereignissen
überprüft.
Die erreichte Impulsauflösung für den Eintrittspunkt A in
die innere Driftkammer DC1 beträgt bei e Ereignissen ( d.h. etwa 100
MeV/c Gesamtimpuls ) sP = ±340
keV/c. Der systematische Fehler ist mit 20 keV/c dagegen zu vernachlässigen.
Die hier angegebenen Fehler sind aus Simulationsereignissen einer vollständigen
Detektorsimulation bestimmt, sie geben deshalb die Impulsauflösung
der gesamten Auswertekette (inklusive Spurrekonstruktion) an.
Die alternative Berücksichtigung der Vielfachstreuung in der Wand
durch vier zusätzliche Spurparameter (man erhält dann einen 9-Parameter
Fit) ist im Programm enthalten, aber bisherige Tests haben keine ähnlich
guten Ergebnisse wie die oben beschriebenen geliefert. Die Benutzung von
DC2-Hits muß ebenfalls noch weiter getestet werden. Von beiden Punkten
ist keine signifikante Verbesserung der Ergebnisse zu erwarten. Der Vorteil
des 9-Parameter Fits liegt darin, daß die Spur in ihrem ganzen Verlaufbesser
bekannt ist, was zur Überprüfung der Spursuche verwendet werden
kann. Alle anderen Teile sind ausgiebig getestet und betriebssicher.
Außerdem wurde TRACKFIT in das interaktive Eventdisplay-Programm
SED eingebaut. Dieses Programmpaket wurde so erweitert, daß es möglich
ist, interaktiv die Spurrekonstruktion zu verändern und das Resultat
des TRACKFIT darstellen zu lassen.
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